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Die Kunst des Dialogs

Peter Zollinger, Leiter Impact Research von Globalance, spricht über seine Erfahrungen im Dialog mit Unternehmen und über die grosse Bedeutung von «Shareholder Engagement» – gerade in der heutigen Zeit.


Ein Instrument des «Shareholder Engagements» ist der institutionalisierte Dialog zwischen Aktionär*innen und Unternehmen. Worin besteht dessen Wert?

Beide Seiten profitieren: Aktionär*innen erhalten ein Forum, um ihre Erwartungen an «ihre» Unternehmen zu formulieren, auch relevante Themen der Nachhaltigkeit betreffend. Sie erfahren Zusätzliches über die Pläne der Unternehmen und deren Herausforderungen im Wettbewerb. Führungskräfte ihrerseits sammeln alle Aktionärserwartungen detailliert und systematisch. Sie erhalten Gelegenheit, sich zu erklären, und können allfällige Missverständnisse aus dem Weg räumen.

Aktionär*innen und Führungskräfte sind gleicherweise überrascht, wie viel Erklärendes sie übereinander erfahren.

Peter zollinger

Ich war früher selbst an solchen Prozessen beteiligt, zum Beispiel in der Pharmaindustrie (siehe Box auf Seite 9). Immer wieder bekamen wir zu hören, wie überrascht beide Seiten waren. Aktionär*innen erfahren durch solche direkten Dialoge viel mehr, als Analystenberichte zeigen können. Führungskräfte schätzen, dass sie im Aktionariat in der Gruppe der langfristig orientierten Eigentümer*innen allenfalls Verbündete für kompliziertere Transformationen finden.

Weshalb muss die Rolle der Vermögenseigentümer*innen gestärkt werden?

Spätestens seit der Finanzkrise 2008 ist das Bewusstsein gewachsen, dass das Gewicht der Eigentümer*innen im Finanzsystem gegenüber den Dienstleistern gestärkt werden muss. Letztere verfolgen oft Eigeninteressen, welche nicht mit den langfristigen Zielen der Eigentümer*innen kongruent sind und im schlimmsten Fall die Stabilität des Finanzsystems gefährden können. «Asset Owners» sind anfällig für solche Störungen. Viele von ihnen – denken Sie an Staatsfonds, Pensionskassen oder Versicherungsgesellschaften – haben langfristige Anlagehorizonte und Verbindlichkeiten. Deshalb müssen Eigentümer*innen bestimmend auftreten. Globalance macht es Privatpersonen, Familien und Stiftungen einfach, sich diesem Kreis der aktiven Vermögenseigentümer*innen anzuschliessen.

Welches sind die wichtigsten Voraussetzungen, damit Engagement glückt?

Aktionär*innen wählen unterschiedliche Taktiken, um sich Gehör zu verschaffen. Eigentliche Aktivist*innen wählen den konfrontativen Weg über die Öffentlichkeit, um Druck auf die Unternehmen auszuüben. Hier möchte ich dagegen die Voraussetzungen des kooperativen Engagements skizzieren. Ein vertraulicher Rahmen ist wertvoll – soweit es das Prinzip der Gleichbehandlung von Börsenregeln erlaubt. Aktionär*innen müssen sich mit realistischen Erwartungen einbringen. Veränderungsprozesse in Unternehmen sind anspruchsvoll und brauchen Zeit. Führungskräfte ihrerseits müssen bereit sein, wirklich zuzuhören und allenfalls Aktionärsanliegen auch aufzunehmen. Nichts ist für den Dialog schädlicher, als wenn Aktionär*innen mit vorgefertigten Meinungen konfrontiert werden. Es ist eine wichtige Board-Aufgabe im Rahmen guter Corporate Governance, den Prinzipien «Offenheit» und «Engagement» Nachdruck zu verschaffen. Ideal ist, wenn sich auch Verwaltungsrät*innen direkt mit Aktionär*innen austauschen und allfällige «Filter» des Managements umgehen.

Immer mehr Vermögenseigentümer*innen setzen sich für den Klimaschutz ein. Weshalb?

Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass die physischen, politischen und wirtschaftlichen Risiken der Erderwärmung so gross sind, dass sie die Stabilität ganzer Volkswirtschaften, Gesellschaften und Ökosysteme gefährden können. Deshalb sind insbesondere institutionelle Eigentümer*innen von Kapital aktiv geworden: Sie setzen sich für geeignete gesetzliche Rahmenbedingungen ein und investieren zunehmend aktiv in die Stärkung der Klimaresilienz. Eine wachsende Zahl von Bündnissen, wie beispielsweise die «Net-Zero Asset Owners Alliance», dient der internationalen Koordinierung und der Entwicklung zweckmässiger internationaler Standards.

Was charakterisiert das Engagement von Globalance?

Wir gehen fokussiert und pragmatisch vor. Wichtig war der Aufbau der technischen Infrastruktur, um auch wirklich alle Stimmen unserer Kund*innen weltweit bei allen Unternehmen wahrnehmen zu können. Es galt, die nötigen Schnittstellen zwischen unserem Bankensystem, Depotbanken externer Mandate sowie dem Proxy-Dienstleister aufzubauen. So können wir jede einzelne Vorlage rechtzeitig sehen und unsere Instruktionen erteilen. Beim direkten Engagement konzentrieren wir uns aktuell auf das Thema «Klima»: Da wir via Globalance World eine bisher unerreichte Transparenz herstellen, ist das auch für die Unternehmen in unseren Portfolios von Interesse. Wir sprechen jedes Jahr eine Auswahl davon auf ihre Klimastrategie an. Da wir nicht in passive Kollektivinstrumente investieren, welche ganze Märkte abbilden, fällt für uns das Engagement mit «Problemfällen» weg.

Was war bisher der grösste Erfolg?

Der Leiter der Rechtsabteilung eines bekannten Schweizer Unternehmens, vertreten im Aktienindex SPI, verlangte von uns eine Erklärung zu dessen (schlechter) Klimakennzahl, welche wir auf Globalance World anzeigen. Nach einem konstruktiven Dialog war sein Fazit: «Wir müssen wohl mehr Daten publizieren, um besser abzuschneiden.» Das ist zwar kein typisches Beispiel unseres Engagements, aber ein umso besseres, um dessen positive Wirkung zu illustrieren.

Ausführliche Informationen über die aktive Haltung von Globalance in der Ausübung von Aktionärsrechten.